Ist YouTube für die Videos verantwortlich, die Nutzer auf der Plattform veröffentlichen? Mit dieser Frage wird sich ein US-Richter beschäftigen. Das Urteil könnte weitreichende Folgen für die Zukunft des Internets haben.
Große Online-Plattformen wie YouTube, Reddit, Facebook und Twitter sind in den Vereinigten Staaten durch ein Gesetz geschützt. Dieser sogenannte Abschnitt 230 besagt, dass „Anbieter oder Nutzer eines interaktiven Computerdienstes nicht als Herausgeber von Informationen behandelt werden“.
Nach der derzeitigen Auslegung des Gesetzes sind die Online-Plattformen nicht für die von den Nutzern geteilten Fotos, Videos oder Nachrichten verantwortlich. In einem Rechtsstreit gegen YouTube fordern die Kläger jedoch eine neue Auslegung des Gesetzes.
Die Klage wurde von Familienmitgliedern einer Amerikanerin eingereicht, die im November 2015 bei Terroranschlägen in Paris getötet wurde. Ihre Angehörigen argumentieren, dass YouTube dafür mitverantwortlich ist.
Der Klage zufolge zeigte YouTube den Nutzern terroristische Videos als Vorschläge an. Damit soll der Videodienst zur Verbreitung des Gedankenguts der Terrororganisation IS beigetragen haben.
Urteil hat möglicherweise große Auswirkungen auf das Internet
Sollte das Gericht entscheiden, dass YouTube für die Veröffentlichung und Verbreitung dieser Videos verantwortlich ist, wäre dies eine Neuinterpretation des Paragrafen 230. Diese Interpretation würde dann für alle Tech-Unternehmen gelten. Also auch für Suchmaschinen wie Google, die Online-Enzyklopädie Wikipedia und soziale Netzwerke.
Die Auswirkungen sind enorm. Wenn Technologieunternehmen dafür verantwortlich sind, müssen sie damit beginnen, alles zu überwachen, was Nutzer veröffentlichen. Das hat den Vorteil, dass es schwieriger wird, extremistisches Gedankengut zu verbreiten. Aber es könnte auch die freie Meinungsäußerung einschränken. Die Verfechter des freien Internets wollen Zensur verhindern.
Dies ist das erste Mal seit 27 Jahren, dass die Auslegung von Abschnitt 230 zur Debatte steht. Wenn das Gericht zu einer neuen Auslegung kommt, könnte sie für lange Zeit wieder gelten.